Fehlerhafte Philips Beatmungsgeräte in der Schweiz

Seit Sommer 2021 ist das niederländische Unternehmen Koninklijke Philips N.V. gezwungen, mehrere Geräte, die die ganze Welt massiv betreffen, vom Weltmarkt zu nehmen, insbesondere fehlerhafte Modelle von Beatmungsgeräten, die ein Gesundheitsrisiko für Patienten mit Atemproblemen, insbesondere Schlafapnoe, darstellen[1].

Die Art und das Ausmaß des Falls veranlassten dann die Verbraucher weltweit, sich zu fragen, welche rechtlichen Möglichkeiten ihnen in einer solchen Situation zur Verfügung stehen würden. Eine erste Initiative war der Abschluss eines Abkommens zwischen Philips und den USA, in dem sich das niederländische Unternehmen bereit erklärte, 58.000 Personen, die von den fehlerhaften Geräten betroffen waren, mit 1,1 Milliarden Dollar zu entschädigen[2], um alle Schadensersatzansprüche der Opfer gemeinsam zu regeln.

Anders als in den USA, wo die Sammelklage ihren Ursprung hat, ist eine solche Klage auf europäischer Ebene und insbesondere im Recht der Europäischen Union nicht möglich. Das europäische Recht verfügt über einen für seine Mitgliedstaaten verbindlichen Rechtstext, nämlich die Richtlinie 2020/1828 über Verbandsklagen zum Schutz der Kollektivinteressen der Verbraucher, die am 25. Juni 2023 in Kraft getreten ist. In ihrem Text sieht die Richtlinie in der Präambel unter anderem vor, „den Zugang der Verbraucher zum Recht zu verbessern“ (Ziff. 10) und folglich von qualifizierten Einrichtungen vertreten zu werden, die gegen Unternehmen klagen können (Art. 4 Ziff. 1). Dadurch ermöglicht es den europäischen Verbrauchern, in ihren Rechten und Interessen geschützt zu werden, wenn Unternehmen gegen europäisches Recht verstoßen.
Im Juni 2023 hat unsere Kanzlei, die zu einer der renommierten internationalen Anwaltsgruppen, dem Global Justice Network (GJN), gehört, mit Stolz und Würde ihren Willen unter Beweis gestellt, ihre Verpflichtungen fortzusetzen, indem sie hartnäckig an der Vertretung von Personen arbeitet, die in Europa durch die Nutzung dieser Geräte geschädigt wurden, und insbesondere zugunsten von Personen in der Schweiz, die die 28'188 in diesem Land verkauften Geräte genutzt haben. Gemeinsam mit der italienischen Verbraucherschutzorganisation ADUSBEF reichten unsere Gruppen eine erste europaweite Sammelklage gegen Philips ein, die sich auf die oben genannte Richtlinie stützte[3].

EGMR: Eine kurze Analyse zum Fall Verein KlimaSeniorinnen Schweiz und andere gegen die Schweiz

Am 9. April 2024 verurteilte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte die Schweizer Regierung, weil sie keine wirksame Klimaschutzpolitik betreibt und das Recht auf Leben verletzt hat. Bei den Beschwerdeführern handelte es sich um eine Schweizer Vereinigung älterer Frauen im Alter zwischen 78 und 89 Jahren, die sich seit 2016 für die Verhinderung des Klimawandels einsetzen. Die Klägerinnen beklagten sich über die durch die globale Erwärmung verursachten Gesundheitsprobleme und die Auswirkungen auf ihren Gesundheitszustand, insbesondere bei Hitzewellen.

Nachdem sie alle innerstaatlichen Rechtsmittel in der Schweiz ausgeschöpft hatten, brachten sie den Fall vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg. Die Anklage gegen die Schweiz bezog sich auf Artikel 2 (Recht auf Leben), Artikel 6 (Recht auf ein faires Verfahren), Artikel 8 (Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens), Artikel 13 (Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf) und die Kriterien von Artikel 34 (Opferstatus).

Der Gerichtshof stellte fest, dass eine Verletzung von Artikel 8 und Artikel 6 Absatz 1 der Konvention vorlag. In Bezug auf Artikel 8 haben die Schweizer Behörden ihre Pflichten, die auch als positive Verpflichtungen bezeichnet werden, zur Umsetzung von Maßnahmen zur Verringerung der Auswirkungen des Klimawandels nicht erfüllt und somit ihr Ziel zur Verringerung der Treibhausgasemissionen verfehlt, während in Bezug auf Artikel 6 Absatz 1 ein Mangel an verfügbaren Möglichkeiten besteht, Beschwerden vor ein Gericht zu bringen, da der Fall vor der EMRK nur von einer Verwaltungsbehörde und dann von nationalen Gerichten auf zwei Zuständigkeitsebenen abgewiesen wurde.

Deutsche Autobahnen unter dem wachsamen Auge des Schweizer Richters

Ein Bus der Gesellschaft FLIXBUS, welcher auf dem Weg von Berlin nach Zürich war, kam am 28. März auf deutschem Boden vom Kurs ab und verursachte einen schweren Unfall. Unter den 54 Passagieren befanden sich 29 Leichtverletzte, 6 Schwerverletzte und 4 Tote.
In der Tat könnte man zu dem Schluss kommen, dass ein Unfall auf deutschem Boden deutsche Gerichte auf den Plan ruft. Diese Schlussfolgerung ist jedoch in Wirklichkeit nicht korrekt. Um die Verbraucher zu schützen, haben unsere Gesetzgeber Klagemöglichkeiten vor den Gerichten des Wohnortes des Verbrauchers vorgesehen. Die Idee ist, es dem Verbraucher, der im Allgemeinen ein hilfloses Individuum ist, zu erleichtern, sich gegen die Giganten der Wirtschaft zu verteidigen.
Gemäß Art. 114 Abs. 1 IPRG kann die Klage eines Verbrauchers, der die zusätzlichen Voraussetzungen des Art. 120 Abs. 1 lit. a bis c erfüllt, nach seiner Wahl vor dem Schweizer Gericht seines Wohnsitzes oder des Wohnsitzes des Anbieters erhoben werden. Der zweite Absatz stellt klar, dass der Verbraucher nicht im Voraus auf den Gerichtsstand seines Wohnsitzes verzichten kann. Dies bedeutet, dass eine vertragliche Vereinbarung über die Wahl des Gerichtsstands die Möglichkeit, am Wohnsitz des Verbrauchers zu klagen, nicht ausschließt.
Allerdings wirft die Definition des „Verbrauchers” in diesem Kontext Fragen auf. Art. 114 Abs. 1 IPRG verweist auf Art. 120 Abs. 1 IPRG, um ihn zu definieren. Gemäß Art. 120 Abs. 1 IPRG ist ein Verbraucher derjenige, der einen Vertrag über eine Leistung des täglichen Bedarfs geschlossen hat, die für den persönlichen oder familiären Gebrauch bestimmt ist und nicht mit der beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit des Verbrauchers in Zusammenhang steht. Ein Verbraucher ist demnach eine Person, die einen nicht-professionellen Gebrauch von einer Ware oder Dienstleistung vornimmt.

Nach Griechenland/EU fliegen, ohne dem Schweizer Portemonnaie zu schaden: Untersuchung einiger Feinheiten des Bundesbeitrags.

1.Koordination zwischen der Schweiz und der Europäischen Union

Der rechtliche Rahmen, der die Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU regelt, beruht auf einem bilateralen Abkommen: dem Abkommen vom 21. Juni 1999 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit (im Folgenden "FZA").

Dieses Abkommen verweist in seinem Anhang II auf die Europäische Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit sowie auf die Europäische Verordnung (EG) Nr. 987/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 zur Festlegung der Modalitäten für die Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 883/2004.

Die Koordinierungsregeln des FZA müssen vorrangig angewendet werden, auch wenn sie den europäischen Regeln zuwiderlaufen (Métral Jean/Moser-Szeless Margit, L'accord sur la libre circulation des personnes: coordination des systèmes de sécurité sociale et jurisprudence du Tribunal fédéral (II), REAS 2007, S. 169).

Diese Verordnungen ermöglichen eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen den Sozialversicherungsträgern der EU-Mitgliedstaaten und der Schweiz, insbesondere in Bezug auf die Alterseinrichtungen.

Insbesondere ist zu beachten, dass, wenn Sie in mehreren Staaten Beiträge zahlen, jeder Staat eine Rente oder eine Kapitalleistung zahlt, die den angesammelten Guthaben für die in seinem Land geleistete Arbeit entspricht. Eine Übertragung von Berufsguthaben zwischen Pensionskassen in verschiedenen Staaten ist nicht möglich. Wenn Sie also in mehreren Staaten Beiträge gezahlt haben, erhalten Sie je nach den geltenden Bedingungen eine Rente oder einen Kapitalabgang aus jedem dieser Staaten.

Antrag an den EGMR: Recht auf Leben unter Druck gesetzt

Als eine Mutter und ihre 38-jährige Tochter 2018 gemütlich auf einem Bürgersteig spazieren gingen, wurden sie von einem Fahrer erfasst, der die Kontrolle über sein Auto verloren hatte. Die Tochter war auf der Stelle tot und die Mutter wurde schwer verletzt. Die Schweizer Instanzen befanden den Fahrer nicht für schuldig, da die Umstände des Blackouts, auf den er sich berief, nicht genau bestimmt werden konnten. Das Schweizer Strafgericht sprach ihn daher von jeglicher Schuld und Strafe frei.

Wie kann ein Tötungsdelikt, selbst wenn es fahrlässig begangen wurde, straffrei bleiben? Diese Frage stellten wir den Richtern des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (im Folgenden: EGMR) und beriefen uns dabei auf Artikel 2 der Konvention, der besagt, dass "das Recht eines jeden Menschen auf Leben gesetzlich geschützt ist", sowie auf Artikel 6, der Garantien für den Verlauf des Verfahrens verlangt.

Nachdem sie alle Schweizer Instanzen durchlaufen hatte, wandte sich die Beschwerdeführerin (Mutter des Opfers) an den EGMR, um Gerechtigkeit für sich und ihre Tochter (die am Unfallort verstarb) sowie für den Unfall, der zu einer dauerhaften Invalidität geführt hatte, zu erlangen. Sie bringt mehrere Beschwerdepunkte gegen unsere Gerichte vor. Kurz gesagt, so die Beschwerdeführerin, haben die Schweizer Gerichte die Verpflichtung aus Art. 2 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) missachtet. Dieser verlangt die Einrichtung eines wirksamen und unabhängigen Justizsystems, das es ermöglicht, die Umstände des Todes festzustellen und gegebenenfalls die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. Diese positive Verpflichtung aus demselben Artikel muss so ausgelegt werden, dass sie im Zusammenhang mit jeder öffentlichen oder nichtöffentlichen Aktivität gilt, bei der das Recht auf Leben auf dem Spiel stehen kann (Ciechońska v. Polen, 2011, § 69; Banel v. Litauen, 2013, § 68). In diesen beiden Fällen räumte der EGMR ein, dass die nationalen Gerichte nicht alles getan haben, um ungerechtfertigte Verletzungen des Rechts auf Leben nicht ungestraft zu lassen. Ein solches Verhalten würde jeden Anschein der Duldung illegaler Handlungen verhindern und das Vertrauen der Öffentlichkeit aufrechterhalten (Oruk v. Türkei, 2014, §46).

Building Bridges: Das Vorzimmer der COP31 in der Schweiz.

Von Patrick Odier. Ehemaliger Senior Managing Partner der Lombard Odier Gruppe.

Die COP im Jahr 2026 auszurichten, wäre ein echtes Projekt für die Schweiz und die Schweizer. Es wäre auch eine Gelegenheit für Innovationen, indem ein vernünftigeres Format vorgeschlagen wird, das sich an die Umweltbeschränkungen anpasst und die Themen der Agenda besser auf Themen ausrichtet, bei denen die Schweiz über besondere Kompetenzen verfügt.

Konkrete Verpflichtungen für mehr Wirkung

Die dritte Ausgabe von Building Bridges zeigte den Weg nach vorne. 6. Oktober 2022 in der Schweiz über 2000 Teilnehmer aus 51 Ländern und fast 16.000 Menschen zusammen, die sich einloggten, um die 68 Veranstaltungen des Programms zu verfolgen oder daran teilzunehmen.

In der Tat könnte Building Bridges ein Schritt in der Vorbereitung einer Schweizer Kandidatur für die COP 2026 sein. Building Bridges nutzt das einzigartige Ökosystem der Schweiz und hat es mit Unterstützung der Bundesbehörden geschafft, Akteure aus dem Finanzsektor, internationalen Organisationen, Universitäten, NGOs, dem öffentlichen und privaten Sektor und der Zivilgesellschaft für ein gemeinsames nachhaltiges Ziel zusammenzubringen.

NEUE ALLIANZ EUROPÄISCHER ANWALTSKANZLEIEN UNTERSUCHT DEN FALL CREDIT SUISSE

Zürich - Brüssel, 06. April 2023

Die Schweizer Anwaltskanzlei European Legal Consultancy, unterstützt von Experten der in der Schweiz ansässigen internationalen Allianz von Anwaltskanzleien Global Justice Network (GJN) (https://globaljusticenetwork.com), beginnt eine Untersuchung im Hinblick auf mögliche rechtliche Anfechtungen im Fall Credit Suisse.
Constantin Kokkinos von der Anwaltskanzlei European Legal Consultancy (ELC) in Zürich ist der federführende Anwalt eines internationalen Konsortiums von Anwälten mit hoher Expertise im Finanzrecht sowie bei Sammel- und Massenklagen.

European Legal Consultancy leitet die Untersuchung nach Schweizer Recht im Fall Credit Suisse mit der Unterstützung ihrer internationalen Partner.

Herr Kokkinos verfügt über umfangreiche Erfahrung und eine nachgewiesene Erfolgsbilanz bei Rechtsstreitigkeiten im Finanzbereich. Er vertrat erfolgreich eine grosse Gruppe von Mandanten gegen eine große internationale Bank im Fall der Lehman Brothers-Anleihen, der zu einem Vergleich auf hohem Niveau führte.  

Illegale Verschleppung von Kindern aus Griechenland in die Schweiz: Bundesgericht ordnet Rückkehr nach Griechenland an

Das Jahr 2022 brachte für unsere Anwaltskanzlei ELC einen wichtigen Gerichtssieg.
Am 28. September 2022 fällte der Oberste Gerichtshof der Schweiz (das Bundesgericht) eine Entscheidung, die einen Fall beendete, in dem Kinder sieben Monate lang illegal von Griechenland in die Schweiz verschleppt worden waren. Unsere Kanzlei, die den Vater der Kinder vertrat und deren Rückführung forderte, gewann den Fall.

Das Phänomen der Kindesentführung hat in den letzten Jahrzehnten aus verschiedenen Gründen zugenommen, insbesondere aufgrund der Globalisierung, der Entwicklung des Familienrechts und der Zunahme von binationalen Paaren.
Das Haager Übereinkommen vom 25. Oktober 1980 über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung (im Folgenden HKÜ80) ist das wichtigste Rechtsinstrument in diesem Bereich, da es derzeit 100 Staaten bindet (für weitere Informationen lesen Sie bitte unseren Artikel vom 1. Februar 2022).

REVISION DES SCHWEIZER ERBRECHTS 2023

Im Anschluss an die Schweizer Parlamentsdebatten wird ab 2023 ein neues Erbrecht in Kraft treten in der Schweiz. Die neuen gesetzlichen Bestimmungen gelten für alle Erbschaften von Personen, die ab dem 1. Januar 2023 verstorben sind.

 Heute sieht das System unter anderem vor, dass der einem Nachkommen zugewiesene Pflichtteil ¾ seines Erbrechts beträgt; der Pflichtteil der überlebenden Eltern beträgt jeweils ½; und der Pflichtteil des überlebenden Ehepartners oder eingetragenen Partners beträgt 1/2 (Art. 471 ZGB).

Die wichtigsten Änderungen, die für 2023 geplant sind, liegen in der gesetzlichen Zuweisung von Pflichtteilsansprüchen. Der Pflichtteil der Nachkommen wird nämlich auf ein halbes des gesetzlichen Anteils (½), also ¼ des Nachlasses, reduziert; und der Pflichtteil der überlebenden Eltern wird abgeschafft.

Die Besteuerung multinationaler Unternehmen: Auf dem Weg zur Harmonisierung nach einem globalen Abkommen

I- Vorstellung der neuen Steuer

Ein Novum in der Welt der Steuern: Am 1. Juli 2021 wurde im Rahmen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) eine Vereinbarung über die Harmonisierung einer globalen Körperschaftssteuer getroffen. Nach Verhandlungen einigten sich fast 130 Staaten auf eine Reform der Besteuerung multinationaler Unternehmen, die sich auf zwei Säulen stützt: zum einen auf eine neue Verteilung der Besteuerungsrechte, die nicht mehr ausschließlich nach dem Sitz des Unternehmens besteuert werden soll. Zweitens soll ein Mindeststeuersatz von 15 % auf Gewinne eingeführt werden. Unternehmen mit einem Umsatz von mindestens 750 Millionen Euro wären von dieser Reform betroffen, die sich vor allem an die GAFAM-Unternehmen (Google, Apple, Facebook, Amazon und Microsoft) richtet.